Aus Prüfungsschemata für Jurastudenten:
I. Allgemeines
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist ein (ungeschriebener) Teil des Rechtsstaatsprinzips. Die meiste Klausurrelevanz findet er bei den Grundrechten. Bei dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht es letztlich darum, dass staatliche Gewalt gegenüber den Bürgern schonend und nur bei wirklicher Dringlichkeit angewandt werden soll.
II. Anwendbarkeit
Sachlich gesehen gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für alle Hoheitsakte. Das bedeutet, dass alle Gesetze, Verwaltungsakte, Satzungen und Verordnungen auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen sind.
b. Ist der Zweck legal?
Bei der Legitimität des Zwecks ist eher Aufmerksamkeit geboten. Hier ist zu unterscheiden zwischen der Verwaltung, der Rechtsprechung und der Gesetzgebung. Die beiden Erstgenannten sind bei der Legitimität des Zwecks an das Gesetz gebunden. Die Gesetzgebung hingegen kann auch Ziele/Zwecke verfolgen, welche nicht ausdrücklich in der Verfassung erwähnt werden. Ausgeschlossen sind dabei nur solche Zwecke, die im Widerspruch zur Verfassung stehen. Besonders zu beachten ist der legitime Zweck bei einem Eingriff in (dem Wortlaut nach) unbeschränkbare Grundrechte. Hier muss der Zweck in dem Schutz von Grundrechten Dritter oder in dem Schutz von Verfassungsgütern von Rang liegen.
d. Ist das Mittel legal?
Neben dem angestrebten Zweck muss auch das gewählte Mittel legal sein.
Würde zum Beispiel beschlossen, Steuersünder in Zukunft zu steinigen, um
die Steuerkriminalität einzudämmen, so wäre der Zweck (= die Bekämpfung
der Steuerkriminalität) legal. Das Mittel allerdings (= Todesstrafe)
nicht (vgl. Art. 102 GG).
4. Das Mittel muss angemessen sein
Definition: Die Maßnahme ist angemessen, wenn der beabsichtigte Zweck nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht.
Dieser Punkt ist eindeutig der Schwerpunkt in jeder Verhältnismäßigkeitsprüfung,
weswegen man ihm große Aufmerksamkeit schenken sollte. Auch wenn hier
viel diskutiert wird, sollte man die Prüfung der Angemessenheit klar
strukturiert und sachlich aufbauen, um sich nicht in der Argumentation
zu verlieren. Dieser Prüfungspunkt, der häufig auch als Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
bezeichnet wird, beschäftigt sich mit der Zumutbarkeit der gewählten
Maßnahme. Hier erfolgt also die Abwägung zwischen den betroffenen
Rechtsgütern.
Zunächst sollte der zu erreichende Zweck festgestellt und die
Gewichtung des darin enthaltenen Rechtsgutes herausgearbeitet werden.
Anschließend geschieht das gleiche für den Eingriff und das durch diesen beeinträchtigte Rechtsgut.
Nachdem man beide Rechtsgüter dargelegt und ausführlich beschrieben
hat, folgt die Abwägung zwischen beiden. Dabei ist stets zu beachten,
dass der zu erreichende Zweck mindestens so bedeutsam sein muss wie das
Rechtsgut, in welches eingegriffen werden soll. In die genannte Abwägung
sind grundsätzlich alle vorhandenen Rechtspositionen und
Wertentscheidungen einzubeziehen, die die Maßnahme und das dadurch
eingeschränkte Rechtsgut betreffen.
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